Sonntag, 29. Januar 2006

Der Weg der Rosenblätter

Selbst die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Ich plante keine Reise. Mit wenigen Sätzen änderte sich das.
Der Fahrtwind kitzelte bereits meine gerötete Haut. Blumen zogen an mir vorbei und Gedanken. Liebevolle, ängstliche und hasserfüllte.
Wenn mich hasserfüllte Gedanken quälen, fühle ich mich schuldig.

Durch den Spalt des geöffneten Fensters strömte kühle Luft. Ich atmete tief ein. Hielt den Atem an. Entspannte wieder. Enttäuscht stellte ich fest, dass mir kein anderer Geruch aufgefallen war. Keine Bäume, keine Kräuter, keine Knospen, die mit ihren Duft den Wind färbten. Einfach nur kalte Luft.

Ich lehnte mich zurück und dachte an die letzten Tage. Minuten und Stunden gefüllt mit Aufgaben. Gespräche mit Menschen, die mir gleichgültig waren und die ich sofort wieder vergaß. Viele Fragen, von den die wenigsten beantwortet wurde.
Bis ich abschalten konnte, dauerte immer eine Weile. Oft vergingen Tage bis mein Gehirn frei wurde. Frage mich, ob es anderen Menschen genauso geht.

Ich schlug die Zeitung auf und begann zu lesen. Folgte den Wörten über die Zeilen, betrachtete die vielen schwarzen Buchstaben, die soviel zu erzählen hatten. Die Schlagzeilen waren fetter gedruckt. Sie verstand ich schnell. Mit jedem Wort, das sich vor meinen Augen formte, schien ein anderes abzufließen.
Ich stellte mir mein Gehirn als übervolle Schale vor. Ein Tropfen rein und ein ganzes Rinnsal wieder raus. Das Bild baute sich vor mir auf. Ich schmunzelte. Weshalb fließt mehr raus, als reingeht?
Schon wieder eine der vielen Fragen, die unbeantwortet blieben und die ich mit mir rumtragen würde.
Die Nachrichten der Presse interessierten mich wenig. In Gedanken war ich mit mir selbst beschäftigt. Vor einigen Jahren hatte ich mir selbst einen Grundsatz auferlegt: "Mache nichts, wozu du nicht wirklich Lust hast. Versuche niemals jemanden nur gefällig zu sein." All die Jahre habe ich mich privat daran gehalten. In beruflicher Hinsicht war ich weniger erfolgreich. Die letzten Monate und Wochen stellte ich fest wie unzufrieden ich eigentlich war. Unzufrieden und unterfordert. Ich dachte an die Optionen, die ich hatte. Gehabt hatte, um korrekt zu sein. Es gibt Momente im Leben, da ist umkehren undenkbar. Ich frage mich, ob das auch dafür gilt etwas neues anzufangen.
Die geschmacklose Luft wird herber. Meine Nase kitzelt. Allergien kamen immer häufiger. Meine Freunde lachten mich aus des wegen. Mit geröteten Augen kam ich zu ihnen auf Besuch. Das Gestrüpp neben dem Haus schadete meinen Augen nur noch mehr. Sie lachten und meinten ich würde zuviel arbeiten. Ob sie recht hatten?

***

Ich bin zu Hause. Es ist Sonntag Nacht und eigentlich ist es langweilig. Dabei langweile ich mich selten. Seit ich verheiratet bin kommt das öfter vor. Noch immer meine ich meinen Mann unterhalten zu müssen, mit ihm zusammen zu sitzen und seinen Geschichten lauschen.
Nicht lange, da sagte er zu mir: Du täuschst dich, wenn du meinst mich beschäftigen zu müssen.
Er hat recht. Ich täusche mich. Deshalb zog ich mich heute zurück.
Versuche ein wenig meinen Hobbies nachzugehen. Ein wenig Ruhe, ein Abend ohne Stimmen. Ich habe immer Stimmen um mich. Beruflich bin ich immer unter Menschen. Bei meinem Mann ist das anders. Er ist allein oder mit seinem Partner im Büro. Meist alleine und die beiden Männer sprechen während sie ihre Zeichnungen entwerfen ohnedies nicht viel miteinander. Ich habe versucht mir diese Situation bildlich vorzustellen. Zwei schweigende zeichnende Männer - alt und jung - senior und semi-senior... Mein Mann ist auch nicht mehr der jüngste.
Heute war ich den ganzen Tag auf einer politischen Tagung. Ich bin engagiert. Weiß nicht, ob das geschätzt wird, aber egal, es ist ein Teil meines Berufes.

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